Das Oberverwaltungsgericht Saarlouis hat eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts des Saarlands aufgehoben und einem Cannabispatienten die Teilnahme am Straßenverkehr wieder ermöglicht. Das Urteil vom 3. September kommt einer schallenden Ohrfeige für die Richter der ersten Instanz gleich.
Waren die noch davon ausgegangen, es handle sich bei dem Patienten um einen profanen Kiffer, der Cannabis, wenn überhaupt, erst nach einer Hausdurchsuchung aufgrund eines Cannabisdelikts und dem drohenden Verlust des Führerscheins aus medizinischen Gründen konsumiert hatte, erkannte das Oberverwaltungsgericht auch die zuvor illegal durchgeführte Selbsttherapie als medizinische Verwendung an:
Entgegen der Annahme des Antragsgegners kann auch nicht deshalb von einer Fahrungeeignetheit [ ausgegangen werden, weil bei einer Durchsuchung seiner Wohnung am 20.11.2017 – mithin zu einer Zeit, als der Antragsteller zugegebenermaßen wenngleich bereits aus medizinischen Gründen, aber dennoch illegal Cannabis konsumierte und die ärztliche Heilbehandlung noch nicht in Angriff genommen war – Cannabis gefunden und der Antragsteller deshalb durch Urteil des Amtsgerichts St. Wendel vom 24.4.2018 verurteilt wurde. Zu sehen ist, dass gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 der widerrechtliche Besitz von Betäubungsmitteln ebenfalls nur die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens und damit weitere Sachaufklärung rechtfertigt, was vorliegend indessen nicht stattgefunden hat.
Besonders kritisch bewerteten die Richter die mangelnde Kooperationsbereitschaft der Führerscheinstelle. Diese hatte trotz zahlreicher fachärztlicher Gutachten verweigert, sich mit der medizinischen Verwendung des Betroffenen auseinanderzusetzen oder ihn persönlich anzuhören.
[…]. Es drängt sich der Verdacht auf, dass von einer Anhörung des Antragstellers abgesehen wurde, um sich nicht mit zu erwartenden, einer standardmäßigen Entscheidung entgegenstehenden Argumenten auseinandersetzen zu müssen. […]. Der gesetzlich verbürgte Anspruch des Beteiligten auf Anhörung ist eine notwendige Folge des Rechtsstaatsprinzips und verfassungsrechtlich geboten. Sich darüber – zumal mit System – hinwegzusetzen, steht einer gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz gebundenen Behörde eindeutig nicht zu. […] “.
Das ist zwar längst nicht der erste Fall, bei dem ein Cannabispatient das Recht erstreitet, als Verkehrsteilnehmer genau so behandelt zu werden wie Menschen, die Ritalin, Tilidin oder andere starke Betäubungsmittel auf Rezept erhalten. Allerdings ist es der erste Fall, bei dem ein Oberverwaltungsgericht die weit verbreitete, fehlerhafte Rechtsinterpretation zur Fahrtüchtigkeit von Cannabispatienten von Deutschen Führerscheinstellen derart gründlich zerpflückt.
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