Na gut, für jeden ist Heroin nicht legal. Aber immerhin hat der Bundestag am 28.05. beschlossen, dass Heroinabhängige unter bestimmten Voraussetzungen legales Heroin in dafür vorgesehenen Einrichtungen bekommen können. Damit sind wir bei Heroin weiter als bei Cannabis.
Nicht falsch verstehen, ich finde die Heroinverschreibung gut und wichtig. Die Umstände der Prohibition haben bei Heroin die gleichen negativen Auswirkungen wie bei Cannabis. Bei Heroin ist es sogar noch schlimmer. Die schlechte Stoffqualität des Schwarzmarktes gefährdet nicht nur die Gesundheit der Konsumenten, sondern bringt sogar immer wieder welche um, was bei Cannabis zum Glück bisher noch nicht der Fall war, auch wenn wir mit dem Streckmittel Blei nah dran waren. Dadurch, dass Heroin häufig gespritzt wird, und durch potentiell tödliche Überdosierungen bei unklarem Wirkstoffgehalt spielen Streckmittel (also Schwarzmarktbedingungen durch Prohibition) eine größere Rolle als bei Cannabis. Auch ist die versehentliche Überdosierung nach einem ungewollten Entzug im Gefängnis eine nicht seltene Todesursache bei Heroinkonsumenten. Heroinverschreibung heißt auch Überleben wahrscheinlicher machen. Ein weiterer Unterschied zwischen den Repressionsfolgen bei den beiden Drogen ist der, dass es der Verbotspolitik besser als bei Cannabis gelungen ist, den Preis von Heroin unnatürlich hoch zu treiben. Was nicht unbedingt weniger Konsum zur Folge hat, aber die Beschaffungskriminalität fördert und manche Konsumenten ins soziale Abseits befördert.
Politiker, die die Heroinverschreibung vorangetrieben haben, haben das zwar nie so deutlich gesagt, aber es geht hier um einen Rückzug der Drogenprohibition, wie es z.B. der Schildower Kreis in seiner Pressemitteilung deutlich gemacht hat: “Heroin wird reguläres Medikament – Strafrechtliche Repression ist kontraproduktiv”.
Übrigens ist es ein interessanter Marketing-Gag, dass bei dieser Diskussion immer die Rede davon war, “synthetisches Heroin” oder Diamorphin zu verschreiben, nicht das Heroin, das man als Droge kennt. Würde das stimmen, wäre man gar nicht so weit davon entfernt gewesen, wo wir vor etlichen Jahren schon einmal mit Methadon waren: Heroin wurde durch ein anderes Opioid ausgetauscht, das als Medikament mit einem Namen wie Medizin daher kommt. Im aktuellen Fall ist das alles noch mehr Augenwischerei, es handelt sich einfach um Heroin, das schon immer und auch in diesem Fall halbsynthetisch hergestellt wird und eben auch Diamorphin genannt wird. Der einzige Unterschied ist die Reinheit des Stoffes. Es ist die Originaldroge, auch wenn sich die Legende mit dem “synthetischen Heroin” hartnäckig in der Presse und sogar in den Diskussionen in den politischen Ausschüssen gehalten hat.
Ich schreibe das so ausführlich, weil viele Leute in Gesprächen davon überzeugt sind, dass Cannabis legal sein sollte. Wenn ich aber sage, dass Prohibition auch bei anderen Drogen eher negative als positive Folgen hat und sie deshalb auf die eine oder andere Weise zugänglich gemacht werden sollten, verliere ich oft meine Gesprächsparner, dann wird es ihnen “zu bunt”. Umso erstaunter sind sie dann, wenn ich sage, dass es schon seit Jahren durch einen Modellversuch viel mehr Menschen gibt, die ihr Heroin legal erhalten als Cannabis. Nach dem Beschluss von letzter Woche werden es einige tausend Heroinabhängige werden, die vom legalen Heroin profitieren. Natürliche Cannabisblüten, also Marihuana, erhalten dagegen in Deutschland nur 7 schwer kranke Patieten als Medizin gegen ihre Beschwerden. Millionen andere Cannabiskonsumenten werden verfolgt.
Die meisten glauben, dass eine Droge legal sein sollte, wenn sie nicht so gefährlich ist – und sind deshalb der Meinung, dass Hanf legal sein sollte. Nun ist die Prohibition bei Heroin früher gelockert worden, gerade weil die Substanz gefährlicher ist.
An einer Überdosis Cannabis kann man halt nicht sterben und abhängig sind die Konsumenten auch überwiegend nicht. Deshalb mussten sich die Kiffer noch etwas gedulden, bis sie dran sind; das können sie ja gut.
Aber jetzt wär`s doch mal klasse, wenn die lieben Politiker auch mal bei Cannabis anpacken würden. Dass sie Drogenpolitik mit mehr Sinn und weniger Strafverfolgung hinbekommen, haben sie ja gerade bewiesen…
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