Als sich die Weltgesundheitsorganisation WHO dieser Tage in Genf traf, um unter anderem einen Bericht zum medizinischen Nutzen von Cannabis zu veröffentlichen, hatten viele Beobachter erwartet, dass heute der Startschuss zu einer neuen Cannabis-Politik auf Internationaler Ebene fallen könnte. Doch statt der erwarteten Neueinschätzung gab es lediglich Empfehlungen zur Einstufung des Opioids Tramadol und künstlicher Cannabinoide. Letztere hätten, so die UN, keinen medizinischen Nutzen und keine legale Zukunft. Als ein Sprecher der WHO dann heute bekannt gab, dass die Ergebnisse zur kritischen Neubewertung von Cannabis vertraulich behandelt würden und es keinen Termin für die Veröffentlichung gebe, stand einigen Delegationen die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben.
Kenzi Riboulet-Zemouli, der als Vertreter der Nicht-Regierungs-Organisation FAAAT vor Ort ist, kommentierte die Entscheidung der WHO:
Wir sind sehr enttäuscht, dass die Weltgesundheitsorganisation erneut beschlossen hat, ihre eigenen Regeln und Richtlinien nicht einzuhalten. Die Länder brauchen Zeit, um diese Empfehlungen zu verstehen und zu unterstützen, bevor die endgültige (einfache Mehrheit) im März nächsten Jahres über ihre Annahme oder Ablehnung entscheidet.
Intransparenz mit politischem Hintergrund?
Die WHO hat viele Fragen zur Cannabis-Legalisierung beantwortet, die nicht in ihren Aufgabenbereich fällt, ich hoffe, die WHO zeigt Mut und steht hinter ihrer Arbeit an Cannabis, Ergebnisse, von denen wir erwarten, dass sie positiv sind, basierend auf den jüngsten WHO-Erklärungen und ihren anderen heutigen Aktionen,
so Michael Krawitz, Senior Advisor bei FAAAT. Krawitz glaubt, die Entscheidung, die Ergebnisse der “Critical Review of Cannabis” zurückzuhalten, sei politisch motiviert.
In den letzten 60 Jahren der UN-Drogenpolitik ist dies das erste Mal, dass Daten, die von den Mitgliedsstaaten der UNO angefordert wurden, im Rahmen einer Sonderanhörung zurückgehalten werden. Inwieweit das Zurückhalten der Ergebnisse den seit drei Jahren andauernden Cannabis-Review-Prozess beeinflussen wird, ist noch nicht absehbar. Allerdings wird es schwer, die UN ohne neue, positive Daten zu Cannabis umzustimmen. Die letzte Expertise der WHO stammt aus dem Jahr 1954 und diente als Grundlage für das weltweite Cannabis-Verbot im Rahmen des UN-Einheitsabkommens über psychotrope Substanzen von 1961.
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