Drug Policy Alliance www.drugpolicy.org
Pressemitteilung vom 14.04.2016
Vor UN-Sondersitzung: Deutsche Politiker und Fachleute unterstützen zusammen mit weltweit über 1.000 Prominenten einen Aufruf, den desaströsen Drogenkrieg zu beenden
Ehemalige Präsidenten von Mexiko, Kolumbien, Brasilien, Chile, Nigeria, Kap Verde, der Schweiz, Portugal und Polen fordern zusammen mit Wissenschaftlern, Juristen, Geistlichen, Wirtschaftsführern, hohen Beamten, Prominenten und anderen eine Alternative zur repressiven Drogenpolitik.
“Die Menschheit kann sich im 21. Jahrhundert keine Drogenpolitik leisten, die so ineffektiv und kontraproduktiv ist wie die des letzten Jahrhunderts”, heißt es in dem Brief.
(New York, New York) – Kurz vor Beginn der UN-Drogenkonferenz UNGASS 2016 wenden sich führende Persönlichkeiten in einem Brief an UN-Generalsekretär Ban Ki-moon und fordern ihn auf, den Weg für eine konsequente Reform der weltweiten Drogenpolitik zu bereiten.
“Die Drogenpolitik, die seit dem letzten Jahrhundert weltweit umgesetzt wird, ist eine eigentliche Drogenkontrollpolitik, die sich vor allem auf die beiden Achsen der Kriminalisierung und der Repression stützt“, heißt es in dem Brief. „Sie hatte und hat verheerende Folgen in Bezug auf die Gesundheit, die Sicherheit und die Menschenrechte. Sie ließ einen ausgedehnten Schwarzmarkt entstehen, der wiederum die organisierte Kriminalität sowie die Korruption förderte, zu einer explosiven Zunahme der Gewalt führte, die Wirtschaft beeinträchtigte und moralische Grundwerte erschüttern ließ. Die Regierungen der UN-Mitgliedstaaten haben in den letzten Jahrzehnten unverhältnismäßig viele Ressourcen in diese Repressionspolitik investiert, anstatt sie dafür zu nutzen, das Wohlergehen der Menschen zu verbessern. Millionen von Menschen, die meisten von ihnen einer ethnischen Minderheit angehörend und in Armut lebend, wurden inhaftiert – in den meisten Fällen wegen geringer Vergehen und ohne eine Gewalttat begangen zu haben. Während diese Inhaftierungen kaum einen Beitrag zur öffentlichen Sicherheit zu leisten vermochten, führte die Prohibitionspolitik zu einer raschen Ausbreitung des problematischen Drogenkonsums sowie von HIV/AIDS und Hepatitis und verhinderte gleichzeitig die Entwicklung und Etablierung der Schadenminderung und anderer effektiver Ansätze zur Verbesserung der öffentlichen Gesundheit. Die Menschheit kann sich im 21. Jahrhundert keine Drogenpolitik leisten, die so ineffektiv und kontraproduktiv ist wie die des letzten Jahrhunderts.”
Zu den deutschen Unterstützern des Briefes gehören Ökonomieprofessor Justus Haucap, Richter Andreas Müller, Polizeipräsident a.D. Hubert Wimber, Strafrechtsprofessor Lorenz Böllinger, Suchtmediziner Markus Backmund, mehrere Bundestagsabgeordnete (Claudia Roth, Harald Terpe, Frank Tempel u.a.) sowie Hanfverband-Sprecher Georg Wurth.
“Der Einfluss und die Bandbreite der prominenten Unterzeichner des Briefes sind beispiellos”, sagte Ethan Nadelmann, Geschäftsführer der Drug Policy Alliance, die die Initiative gemeinsam mit dutzenden Organisationen und Partnern weltweit koordiniert hat. “Nie zuvor haben sich so viele respektierte Persönlichkeiten zusammengefunden, um gemeinsam fundamentale Reformen der Drogenpolitik zu fordern und insbesondere die Rolle der Kriminalisierung und des Strafrechts auf ein Maß zu reduzieren, das notwendig ist, um Gesundheit und Sicherheit zu gewährleisten.”
Die UN-Sondersitzung, die vom 19. bis 21. April stattfinden wird, ist die erste ihrer Art seit 1998, als der illusorische, aber offizielle Slogan hieß: “Eine drogenfreie Welt – wir können es schaffen!” Die nun bevorstehende UNGASS-Sitzung wurde 2012 von der mexikanischen Regierung vorgeschlagen und von anderen lateinamerikanischen Regierungen unterstützt. Letztes Jahr veröffentlichte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon einen starken Aufruf, eine “umfassende und offene Debatte zu führen, die alle Optionen einschließt”. Der heutige offene Brief an ihn ist zum Teil auch eine Reaktion auf Widerstände gegen eine solche offene Debatte innerhalb der Vereinten Nationen.
Georg Wurth, Sprecher des Deutschen Hanfverbands, freut sich über die deutsche Beteiligung an der internationalen Initiative: “Hochkarätige Unterstützer hierzulande machen deutlich, dass die Bewegung zur Reform der Drogenpolitik mittlerweile gut vernetzt ist. Die globale Repressionslogik kann nur durch internationale Zusammenarbeit beendet werden.” “Die vielen Unterschriften für den Brief wurden innerhalb weniger Wochen gesammelt”, merkte Nadelmann an. “Die Unterzeichner repräsentieren nur einen kleinen Teil der Repräsentanten aus Politik, Wissenschaft, Justiz, Gesundheitswesen, Kultur und Unterhaltung, Wirtschaft und Religion, die den Ansichten zustimmen würden, die dieser Brief zum Ausdruck bringt.”
Zu den Unterstützern des Briefes gehören auch:
Fernando Henrique Cardoso, Former President of Brazil
Ernesto Zedillo, Former President of Mexico
Vicente Fox, Former President of Mexico
Olusegun Obasanjo, Former President of Nigeria, Chair of West Africa Commission on Drugs
César Gaviria Trujillo, Former President of Colombia
Ricardo Lagos, Former President of Chile
Pedro Pires, Former President of Cape Verde
George Papandreou, Former Prime Minister of Greece
Ruth Dreifuss, Former President of Switzerland
Aleksander Kwasniewski, Former President of Poland
George Shultz, Former US Secretary of State; Former US Secretary of Treasury; Former US Secretary of Labor
Paul Volcker, Former Chairman of the US Federal Reserve and of the Economic Recovery Board
Warren Buffett, Businessman; Philanthropist
Bernard Kouchner Former Minister of Foreign Affairs, Government of France
Sir Richard Branson, Founder of the Virgin Group
Bob Kerrey, Former U.S. Senator
Shashi Tharoor, Former Under-Secretary General, United Nations; Member of Parliament, India
Mo Ibrahim, Businessman
Sting, Musician
Peter Gabriel, Musician
John Legend, Singer
Michael Douglas, Actor
Gael Garcia Bernal, Actor; Director
Jane Fonda, Actor
Carly Simon, Singer
(Die hier genannten Titel dienen nur der Identifizierung und besagen nicht, dass die jeweilige Organisation den Inhalt des Briefes unterstützt.)
ABOUT THE DRUG POLICY ALLIANCE The Drug Policy Alliance (DPA) is the nation’s leading organization of people who believe the war on drugs is doing more harm than good. DPA fights for drug policies grounded in science, compassion, health and human rights.
englische Originalversion der Pressemitteilung (mit einer längeren Liste besonders bekannter Unterzeichner)
vollständiger Text des Briefes an Ban Ki-moon (englisch) (mit einer Suchfunktion der Unterzeichner nach Ländern und Kategorie)
vollständiger Text des Briefes an Ban Ki-moon (deutsch, pdf)
vollständige Liste der Unterzeichner (ebenfalls mit Suchfunktion)
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