Der DHV-Protestmailer an diverse Grüne Landesverbände läuft seit gut einer Woche. Die Grünen in Kiel haben unseren Server geblockt und die Bremer werfen uns einen “Shitstorm” vor. Derweil überschreitet die Zahl der Teilnehmer locker die 1.000er Marke.
( S. Update zu den Grünen in Schleswig-Holstein am Ende des Textes! )
Die erste Reaktion kam von den Grünen in Schleswig-Holstein, schon wenige Stunden nach Start des Protestmailers. Ein IT-Administrator rief an und beschwerte sich über den “Spam”, der von unserem Server an den Landesverband verschickt werde. Er warf uns auch vor, die Aktion sei illegal.
Ich musste dem Herrn mühsam erklären, dass die Emails nicht alle vom DHV kommen, sondern dass hinter jeder Email ein individueller Absender steckt; dass für jede Email, die bei uns rausgeht, jemand erst den Bestätigungslink anklicken muss; dass er es also nicht mit einem Spam-Robot, sondern mit vielen Bürgern zu tun hat, die ihrem Anliegen gemeinsam Ausdruck verleihen wollen; dass das wohl kaum illegal und wir nicht die einzigen seien, die solche Protest-Instrumente nutzen, s. z.B. unser damaliges Vorblid, den Protestmailer von “Rettet den Regenwald”.
Bei den Protestmails dort, die oft an große Konzerne gehen, sieht man auch gut, wie professionelles Krisenmanagement aussieht: die Firmen antworten jedem einzelnen Teilnehmer mit einer Email und versuchen, ihren Standpunkt darzustellen. Auch für die Grünen wäre das also eine gute Gelegenheit, mit Leuten zu kommunizieren, die den Grünen im Grunde nahe stehen, aber als Wähler abzuspringen drohen. Es wäre doch ein Leichtes, die Emails in einen speziellen Ordner zu filtern und sie alle mit einem Standard-Text zu beantworten. Das sollte ein IT-Admin doch hinbekommen. Stattdessen hat Kiel unseren Server geblockt, die Grünen dort erhalten also die Emails nicht mehr und lassen sich die Chance entgehen, ihre Darstellung zum Thema an die Wähler zu bringen. Im Übrigen meinte der ITler noch, dass eine einzige Email zum Protestmailer ausgereicht hätte mit der Info, wie viele Leute teilgenommen haben. Ich bezweifle, dass das besonders fruchtbar wäre.
Das neue Grünen Bundestagswahlprogramm hat ein eigenes Kapitel “Teilhaben, Einmischen, Zukunft Schaffen – Motoren des grünen Wandels”, in dem zu lesen ist:
Wir laden Sie auch heute ein, mit uns über den Tag hinauszudenken – mit uns zu diskutieren, was sich ändern muss und wo es hingehen soll.(…) Eine bessere Politik braucht Menschen die sich einmischen und begreift diese nicht als Störfaktor.
Ich nehme an, dass die Grünen in Schleswig-Holstein etwas Ähnliches im Programm stehen hatten. Das habe ich jetzt nicht auf die Schnelle gefunden. Aber das Programm der Grünen in Bremen habe ich gefunden. Darin steht folgender Satz:
Das digitale Zeitalter schafft innovative neue Angebote und ein Mehr an persönlichen Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten. Diese neuen Potenziale wollen wir aktiv nutzen.
Aus Bremen kam auch die erste uns bekannte Antwort, die ein Teilnehmer des Protestmailers erhalten hat:
“Glaubt denn eine/r, dass so ein “shitstorm” irgendeinen Eindruck macht? Zum Überlegen bringt?? So was Einfallsloses.” Dr. Hermann Kuhn, Mitglied der Bremischen Bürgerschaft
Das ist dann auch schon alles, was von den Grünen bisher an Antworten und Reaktionen kam. Einer der ersten DHV-Protestmailer ging 2005 auch an die Grünen mit einem ganz ähnlichen Thema. Damals haben die Grünen ihren eigenen Anspruch an die Kommunikation mit dem Bürger ernst genommen und geantwortet. Damals haben sie erklärt, was sie erreicht haben und woran es gescheitert ist, dass sie nicht mehr geschafft haben. Und damals haben nur 123 Menschen am Protestmailer teilgenommen, beim aktuellen sind es schon jetzt mehr als 1.300.
Wir verstehen den Protestmailer als Kommunikationshilfe zwischen Politik und Bevölkerung. Es geht nicht um undifferenziertes Grünen-“bashing”. Die Grünen stehen uns mit ihrer Hanfpolitik definitiv näher als die meisten anderen Parteien, aber sie brauchen offensichtlich einen Schubser, um das Thema wirklich ernst zu nehmen. “Die Grünen” sind wie jede Partei kein monolitischer Block, sie setzen sich aus vielen einzelnen Personen und Gliederungen zusammen. Es geht darum, die progressiven Kräfte in der Partei und ihre Positionen zu stärken.
Macht weiter mit beim aktuellen Protestmailer und gebt den Landesverbänden, die sich bisher nicht geäußert haben, die Chance, euch eine vernünftige Antwort zu schicken!
Und gebt Herrn Kuhn in Bremen den Shitstorm, den er verdient hat!
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Update 16.05.13: Die Schleswig-Holsteiner Grünen wollen doch unsere Emails haben.
Die Referentin für Öffentlichkeitsarbeit der Grünen in Schleswig-Holstein hat schnell auf obige Nachricht reagiert. Beim oben beschriebenen Vorgang und der Blockade der Email-Adresse der Vorsitzenden Ruth Kastner habe es sich um ein Missverständnis gehandelt. Sie schrieb:
“Wie auch bereits am Telefon gesagt, finden wir solche Aktionen grundsätzlich gut und erwarten daher natürlich auch gern eure Post.”
Mir wurde am Telefon versichert, man werde sich mit dem Protest auseinandersetzten und uns eine Antwort zukommen lassen. Also alles im grünen Bereich in Schleswig-Holstein, die Emails an Ruth Kastner kommen wieder an, die Adresse des Landesverbandes wurde zusätzlich (anstelle der des Vorsitzenden Peter Stoltenberg) in den Verteiler aufgenommen.
Aus Bremen hat uns allerdings noch keine weitere Reaktion erreicht. Also nehmt weiter am Protestmailer teil, informiert eure Freunde, Gebt den Grünen einen Schubs und den Bremern ihren Shitstorm!
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