Marlene Mortler überraschte gestern gegenüber der Süddeutschen Zeitung mit einer unerwarteten Äußerung zur Entkriminalisierung von Cannabis:
“Wer in Zukunft im Besitz von Cannabis für den Eigenkonsum von der Polizei erwischt wird, solle wählen dürfen, ob er Bußgeld bezahlt, oder sich freiwillig gezielt vom Experten helfen lässt.“
Zwar gelten Geringe Mengen Cannabis für den Eigenbedarf in Deutschland offiziell schon längst als entkriminalisiert, doch der Alltag sieht anders aus. Wie die jüngst vor Mortler vorgestellte Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) 2017 bestätigt, gibt es immer mehr Anzeigen aufgrund von Konsum- und Besitzdelikten, die von der Staatsanwaltschaft dann meist eingestellt werden. In anderen Länder, in denen Cannabis entkriminalisiert wurde, werden solche Bagatelldelikte gar nicht mehr zur Anzeige gebracht und stattdessen wie eine Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld geahndet. Die Schweiz nimmt 100 Franken, in Tschechien ist man mit bis zu 547 Euro dabei und in Spanien kostet öffentliches Kiffen mindestens 300 Euro. Im Vergleich dazu hätten die Ertappten bei Mortlers Vorschlag immerhin noch die Wahl zwischen Buße und Beratung. Da Bußgelder, im Gegensatz zu Geldstrafen bei Straftaten, nur bei Ordnungswidrigkeiten verhängt werden, lässt sich Mortlers Aussage auch als Plädoyer interpretieren, den Besitz geringer Cannabismengen nicht mehr als Straftat, sondern als Ordnungswidrigkeit einzustufen.
Das wäre übrigens nicht das erste Mal, dass Frau Mortler innerhalb der CDU/CSU-Fraktion ein Eisen anfasst, das bisher allen zu heiß war. Schon beim “Cannabis als Medizin”-Gesetz kamen die ersten Zeichen für ein Einlenken der Bundesregierung aus ihrem Hause. Sollte die Bundesregierung Mortlers Ideen aufgreifen und umsetzen, würde die Große Koalition einen drogenpolitischen Schritt vollziehen, den ihr bislang kaum jemand zugetraut hatte.
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