Immer wieder wird von Politikern oder der Verwaltung behauptet, dass die von uns vorgeschlagene Cannabis-Modellversuch-Petition rechtlich nicht möglich sei. Hier einige juristische Ausführungen wie und warum ein Modellversuch für die Veräußerung von Cannabis oder andere Formen des Umgangs mit Betäubungsmitteln prinzipiell über eine Erlaubnis des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) möglich ist.
Cannabisharze (Haschisch), Cannabisblüten (Marihuana) sowie Pflanzen und Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen, im Fortfolgenden als Cannabis zusammengefasst, unterliegen in Deutschland dem Betäubungsmittelgesetz. Dieses regelt den rechtlichen Umgang mit den aufgelisteten Substanzen.
Zweck und Ziel des geltenden Betäubungsmittelgesetzes ist (laut Regierungsvorlage des Betäubungsmittelgesetzes 1981, BTDrucks. 8/3551, S. 23 f.) der Schutz der menschlichen Gesundheit sowie eine Regelung des Verkehrs mit Betäubungsmitteln, um deren Sicherheit und Kontrolle zu gewährleisten, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicher zu stellen und den Missbrauch von Betäubungsmitteln sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit zu verhindern.
Cannabis ist in der Anlage I BtMG aufgeführt und damit weder verkehrs- noch verschreibungsfähig. Davon ausgenommen bzw. in anderen Anlagen gelistet sind nur einzelne Cannabiswirkstoffe, Nutzhanf und Cannabis als Fertigarzneimittel oder zur Herstellung von Fertigarzneimittel. Diese Formen sollen hier nicht betrachtet werden.
Jeder Umgang mit Betäubungsmitteln ist nach §3 BtMG grundsätzlich erlaubnispflichtig. Von der Erlaubnispflicht ausgenommen sind nach §4 BtMG – gänzlich oder für einige bestimmte Handlungen mit BtMs aus bestimmten Anlagen – Ärzte, Apotheker, Zahnärzte, Tierärzte, Patienten bei verschriebenen Medikamenten, im Rahmen einer klinischen Prüfung oder in Härtefällen, Landes- und Bundesbehörden sowie Logistikdienstleister. Diese Personengruppen sollen hier nicht betrachtet werden.
Eine Erlaubnis kann vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erteilt werden. Bei in Anlage I bezeichneten Betäubungsmitteln wie Cannabis kann dies nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erfolgen. Das bundesdeutsche Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger lief beispielsweise über eine solche Ausnahmegenehmigung nach §3 BtMG.
In einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Januar 2000 (AZ2 BvR 2382 – 2389/99) heißt es: “Die medizinische Versorgung der Bevölkerung ist danach auch ein öffentlicher Zweck, der im Einzelfall die Erteilung einer Erlaubnis (…) rechtfertigen kann.” Es gibt inzwischen ca. 150 Personen, die eine Ausnahmegenehmigung haben, um Cannabis aus Apotheken zu medizinischen Zwecken zu erwerben und damit besitzen zu dürfen.
Grundsätzlich kann jede Person, aber auch jeder Verein und jede Gemeinde, eine Ausnahmegenehmigung für den Umgang wie Anbau und Herstellung, Erwerb sowie Veräußerung (entgeltlich, aber uneigennützig), Abgabe (ohne Gegenleistung) oder das Handel treiben (entgeltlich und eigennützig) mit nicht verkehrsfähigen BtMs wie Cannabis beantragen.
Im Jahr 1997 beantragte die Gesundheitsministerin Heide Moser beim BfArM dem Land Schleswig-Holstein „eine Grunderlaubnis zur Veräußerung von Cannabis (Marihuana) und Cannabisharz (Haschisch) im Rahmen eines wissenschaftlichen Modellprojekts nach Maßgabe der beigefügten Projektbeschreibung zu erteilen.“ Dieser Antrag wurde aus politischen Gründen vom damaligen und dem BfArM weisungsberechtigtem Bundesgesundheitsminister Seehofer abgelehnt.
Aktuell plant der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ein ähnliches Projekt. Im Antrag “Coffeeshop am Görlitzer Park” DS/0807/IV heißt es hierzu:
“Das Bezirksamt wird beauftragt, gemeinsam mit Expert*innen, Beratungsstellen und Anwohner*innen die nötigen Schritte einzuleiten, um durch eine kontrollierte Abgabe von Cannabisprodukten in lizensierten Abgabestelle(n) am Görlitzer Park, den negativen Auswirkungen der Prohibition und des dadurch entstehenden Schwarzmarkts entgegen zu treten.
Dazu soll(en)
– ein Runder Tisch/Fachtag gemeinsam mit Anwohner*innen und/oder Initiativen rund um den Görlitzer Park, ansässigen Suchthilfeträgern, Drogenexpert*innen, der Polizei und Fachpolitiker*innen einberufen werden – offene rechtliche Fragen geklärt werden, z.B. nach möglichen Betreiber*innen des Shops, Beschaffungsmöglichkeiten sowie der Antragstellung beim Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf die Erlaubnis der kontrollierten und lizensierten Abgabe von Cannabisprodukten – sichergestellt werden, dass die Eröffnung und Betreibung des Coffeeshops im öffentlichen Interesse liegt, bzw. dass die nötige wissenschaftliche Begleitung des Modellprojektes in Zusammenarbeit mit geeigneten Forschungsstellen erfolgt, sodass das Modellprojekt im wissenschaftlichen Interesse begründet ist. “
Ähnliche Anträge wurden inzwischen in vielen Städten Deutschlands diskutiert. Im Ortsbeirat 1 von Frankfurt am Main gab es einen Beschluss, „eine oder mehrere“ legale Cannabis-Verkaufsstellen einzurichten und als Modellprojekt zu erproben. Das Gesundheitsdezernat organisiert deswegen für diesen Herbst eine Fachkonferenz zu diesem Thema.
Fazit: Es ist rechtlich möglich, im Rahmen des bestehenden BtMG eine Ausnahmegenehmigung für den Umgang wie dem Vertrieb durch eine Gemeinde oder dem Anbau in einem Cannabis Social Club zu erhalten.
Comments