Der Oberste Gerichtshof in Mexiko hat gestern eine bahnbrechende Entscheidung in einer 4:1 Abstimmung getroffen, die das Totalverbot von Anbau zum Eigenkonsum für verfassungswidrig erklärt. Argumentiert wird in dem Urteil, dass die zu erwartenden Gesundheitsschäden nicht mehr wiegen als das Grundrecht auf Selbstbestimmung und freier Entfaltung der Persönlichkeit.
“Der Konsum sollte aus Respekt vor dem Recht auf freie Persönlichkeitsentfaltung erlaubt werden”, so zitiert der Spiegel die mexikanische Richterin Olga Sánchez Cordero.
Grundrechtsklage schafft Präzedenzfall
Vier Anwälte hatten einen Verein gegründet, Sociedad Mexicana de Autoconsumo Responsable y Tolerante (SMART : Mexikanische Vereinigung für den verantwortlichen und toleranten Eigenkonsum), und beim Gesundheitsministerium eine Genehmigung für den gemeinsamen Anbau zum Eigenkonsum ohne Gewinnorientierung gestellt. Hintergrund ist, dass geringe Mengen für den Eigenkonsum in Mexiko bereits seit 2009 entkriminalisiert sind. Das Gesundheitsministerium hatte den Antrag abgelehnt und daraufhin hat sich der Verein durch die Instanzen geklagt.
Einer der höchsten Richter hat sich den Fall zur eigenen Causa gemacht und den Kollegen der ersten Kammer zur Entscheidung vorgelegt. Zur Abwägung stand, ob fünf Paragraphen aus dem Gesundheitsgesetz, welche unter anderem den Anbau von Cannabis verbieten, verfassungswidrig sind.
Justiz bringt Politik in Zugzwang
Zunächst gilt das Recht auf Eigenanbau nur für die vier Kläger. Da das Gericht diese Artikel im Gesetz nun mit einer liberalen Bürgerrechtsargumentation für verfassungswidrig erklärt hat, muss die Politik aber handeln und die Gesetze ändern. Bis dahin können sich weitere Bürger auf den Fall beziehen und ihr Recht auf Eigenanbau einklagen. Dem Gericht liegen bisher vier weitere ähnliche Fälle vor. Wenn diese ebenfalls im Sinne der Kläger entschieden werden, dann muss der Gesetzgeber auch in diesem Sinne allgemeines Recht setzen.
Debatte wird an Fahrt aufnehmen
Die erste Kammer des Gerichts hatte vor einigen Monaten ebenfalls das Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe für verfassungswidrig erklärt. Beide Entscheidungen sind sehr mutig, denn laut Umfragen sind in Mexiko immernoch ca. 80 Prozent der Befragten gegen eine Legalisierung. Dennoch wird dieses Urteil auch in der gesellschaftlichen Diskussion einiges voranbringen und es ist ein Einfallstor für eine weitergehende Legalisierung in Mexiko.
Wir bleiben an den Entwicklungen in Mexiko dran und werden weiter berichten.
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