Gestern lieferte Spiegel online die beunruhigenden Nachricht: MARIHUANA-KONSUM – Joints erhöhen Hodenkrebs-Risiko. Was ist davon zu halten?
Der Artikel beginnt mit folgendem Absatz:
Cannabis-Konsumenten haben ein erhöhtes Risiko, an Hodenkrebs zu erkranken. Dies ergab eine Studie mit 370 Tumor-Patienten. Welche Rolle Cannabis bei der Tumorentstehung spielen könnte, ist allerdings unklar. … Eine statistische Analyse vom Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle (USA) hat nun ergeben, dass Cannabis-Konsum das Erkrankungsrisiko erhöht.
Das klingt nach einer ziemlich klaren Sache. Die Kollegen vom Hanf Journal haben sich die Studie mal genauer angesehen und festgestellt, dass das dort gar nicht so klar klingt.
Die Forscher kommen zudem zum Ergebnis, dass beim Rauchen (von Cannabis) ein kausaler Zusammmenhang zwar vermutet wird, aber erst durch intersivere Forschung bewiesen werden kann. Eben weil die Auswirkungen des Cannabiskonsums noch absolut unzureichend erforscht worden sind. Trotzdem reißen vor allen Dingen deutschsprachige Zeitungen die Ergebnisse aus dem Zusammenhang, indem sie eine Theorie zur wissenschaftlichen Erkenntnis erklären. Das subjektive Werten und Deuten gehört in deutschen Medien, anders als anglo-amerikanischen Sprachraum, zum Meinungs bildenten journalistischem Handwerkszeug. Beim speziellen Thema Cannabis meldet dann jedes Medium, was in die jeweilige politische Linie passt.
Ich habe mir die Studie zwar selbst noch nicht angesehen, halte das aber für glaubwürdig, denn den Mechanismus in deutschen Medien, der vom Hanf Journal beschrieben wird, kann ich selbst fast jeden Tag beobachten. Sobald in irgendwelchen Mäuse-Experimenten Mutmaßungen über Cannabis-Schäden angestellt werden, ist das für die deutschen Medien Gewissheit und selbstverständlich auf Menschen übertragbar.
Weil die Medien das Bild in der Bevölkerung über Cannabis so stark und gleichzeitig durch falsche Informationen prägen, haben wir dem Thema “Cannabis in den Medien” in unserem Buch “Rauschzeichen” ein eigenes Kapitel gewidmet, um die Mechanismen aufzudecken, die hinter dieser massiven Fehlinformation stecken.
Natürlich will ich mich selbst an die Fakten halten und beachte ständig wissenschaftliche Erkenntnisse. Vielleicht ist ja wirklich was dran, dass Cannabis bei einem Teil der Konsumenten das Hodenkrebsrisiko erhöht. Für eine Gewissheit à la Spiegel dürfte der Kenntnisstand aber noch lange nicht ausreichen.
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