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AutorenbildEric wrigth

Drogen bei der Polizei – Vom Einzelfall zum Flächenphänomen?

Die Meldungen über Polizisten, die im Rahmen der Drogenfahndung den substanziellen oder finanziellen Versuchungen ihrer Arbeit nicht widerstehen können, häufen sich in jüngster Zeit. Auf diesen Umstand sind jüngst auch die Redakteure von Report München aufmerksam geworden, die daraufhin den Beitrag “Drogen auf der Polizeiwache” verfasst haben. Doch trotz gut recherchierter Fakten erweckt der Bericht den Eindruck, Prohibition und Repression an sich hätten mit der der Sachlage nichts zu tun.

Ein kurzer Blick über den Großen Teich hätte ausgereicht, um eine Entwicklung, die in Deutschland gerade anfängt, weiter vorherzusagen. Denn der dortige “War On Drugs” hat auch auf Seiten der Ermittler Spuren und Opfer hinterlassen, die die öffentliche Meinung, besonders die zur Cannabisfrage, mitprägen. Der Drogenkrieg in den USA wird länger und intensiver geführt als in Europa, weshalb auch Folgen wie Korruption und Repression dort ein viel höheres Niveau zu haben scheinen. Auf stopthedrugwar.org gibt es bereits seit Jahren die Kategorie “Police Corruption”, in der fast täglich eine Pressemeldung über bestechliche oder anderweitig vom Weg abgekommene Gesetzeshüter mit Drogenaffinität publiziert wird. Sollten sich in Deutschland die Fälle so häufen, wie es zur Zeit der Fall ist, könnte auch an dieser Stelle ernsthaft über einen Korruptionsmelder, ähnlich der Prohibitionsuhr, nachgedacht werden. Die Spitze des Eisbergs war ohne Frage der Oberdrogenfahnder aus Kempten, in dessen Spind 1,6 Kilo Koks lagen. Doch auch kleinere Fische wie der Crystal-Konsument auf Türkei-Reise, prügelnde Drogenfahnder oder der diebische Polizist ohne Ausnahmegenehmigung werfen kein gutes Licht auf die Integrität der Bürger in Uniform. Ganz zu schweigen von denen, die wie der Bremer Beamte oder ein Ermittler aus Hannover interne Informationen gegen Bares, Gras und Koks tauschen oder in ihrer Freizeit Hasch verkaufen, wie der zur Zeit in U-Haft sitzende Polizist aus Forchheim.

Einfach menschlich

Doch Schadenfreude über die Ertappten wäre hier fehl am Platz, sind sie doch genau so Opfer einer unzeitgemäßen Drogenpolitik wie der kleine Kiffer von nebenan, zudem sie neben den strafrechtlichen oft noch weitreichende disziplinarrechtliche Konsequenzen in Kauf nehmen müssen.Viele Polizeibeamte wissen aufgrund ihres Arbeitsalltags um die wahre Schädlichkeit von den Substanzen, gegen deren Verbreitung sie eingesetzt werden, außerdem ist der Frustrationsgrad besonders bei der Drogenbekämpfung ungleich hoch. Der belgische Professor Tom DeCorte, Kriminologe der Fachgruppe für Strafrecht und Kriminologie an der Juristischen Fakultät der Universität Gent, hat die Arbeit der Polizei einmal mit jemandem verglichen, der eine Pfütze aufwischen soll, während oben drüber ein Wasserhahn läuft, der sich nicht abdrehen lässt. Wer kann angesichts dieser Ausgangslage allen Ernstes glauben, die Polizei sei gegenüber illegalisierten Substanzen resistenter als andere Teile der Bevölkerung? Eben nur noch jene, die auch an Gen-Gras, die Schädlichkeit hoher THC-Gehalte oder die Einstiegsdrogentheorie glauben. Polizisten, die tagtäglich mit Alkoholikern, Junkies, Koksern und eben auch Kiffern zu tun haben, wissen selbst ganz genau, welche der Substanzen, die sie beschlagnahmen, wie gefährlich ist. Fast schon grotesk ist, dass Bayern als das repressivste solche Fälle statistisch als einziges Bundesland korrekt erfasst: Vergangenes Jahr wurde den Recherchen von Report München zufolge 23 mal gegen Beamte im Freistaat ermittelt, im Rest der Republik hat das ARD-Magazin keine oder unzureichende Antworten zu den absoluten Fallzahlen erhalten.

Korruption eine logische Folge der Prohibition, wie schon das Alkoholverbot und Al Capone eindrucksvoll bewiesen haben. Dessen negative Auswirkungen waren jedoch aufgrund der lokalen Begrenzung auf die USA und der relativ kurzen Dauer weit weniger dramatisch als die eines Drogenkrieges, der seit über 40 Jahren weltweit ausgefochten wird. In den USA gibt es allerdings, neben den schwarzen Schafen, auch LEAP (Law Enforcement Against Prohibition), eine Organisation aus Staatsanwälten und Polizisten, die für ein Ende des “War On Drugs” professionelle Lobbyarbeit verrichtet. In Deutschland gibt es (noch?) nichts Vergleichbares.

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