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AutorenbildEric wrigth

Cem Özdemir vielleicht doch für Legalisierung

Nach einem Fernsehauftritt des Grünen-Vorsitzenden Cem Özdemir sind Zweifel daran aufgekommen, ob er die Linie seiner Partei für eine vollständige Legalisierung von Cannabis teilt oder nur eine Entkriminalisierung der Konsumenten will. Daraufhin habe ich bei meinem Parteifreund nachgefragt. Hier seine Antwort.


05.01.09 Lieber Georg,ich habe Deinen Eintrag sowie die anderen Kommentare im Blog gelesen und möchte dazu gern Stellung beziehen. Doch zunächst sei mir bitte die kurze Bemerkung erlaubt, dass ich die Polemik des unbekannten Email-Beitrags nicht ganz nachvollziehen kann. Allen Beteiligten sollte eine rationale Drogenpolitik am Herzen liegen, die den Canna-biskonsum nicht dämonisiert und trotzdem auf Unverhältnismäßigkeiten hinweist. Dahingehend zielte auch meine Äußerung bei Kerner. Meine Haltung deckt sich 1a mit der Parteilinie, insofern gibt es da keine Überraschungen.Es besteht eine erschreckende Ungleichbehandlung zwischen den legalen Drogen, wie Alkohol und Tabak, auf der einen Seite und Cannabis auf der anderen. Der Konsum legaler Drogen stagniert seit geraumer Zeit auf einem hohen Niveau – dies ist um so besorgniserregender, wenn man bedenkt, dass beide Stoffe im Gegensatz zu Cannabis körperlich stark abhängig machen können. Bündnis 90/Die Grünen setzen sich dafür ein, dieses Ungleichverhältnis abzuschaffen und Alkohol, Tabak und Cannabis in Zukunft gleich zu behandeln.Auch der Umgang der Bundesländer mit Cannabis in Kombination mit Verkehrsdelikten ist nicht vorurteilsfrei. Rechtlich ist es möglich mit einem Führerscheinentzug bestraft zu werden, wenn man im Besitz von Cannabis ein Kfz führt. Wenn wir von einer Entkriminalisierung von Cannabis sprechen, dann meint dies auch, dass dafür gesorgt werden muss, dass der Führerschein eines Fahrzeughalters nur dann entzogen werden kann, wenn er tatsächlich unter Cannabiseinfluss fuhr. Eine „Ersatzstrafe“ für den Besitz von Cannabis darf es nicht geben. Auch die im Blog bereits aufgeworfene Frage einer einheitlichen Regelung für die Grenze einer „geringen Menge“ von Cannabis muss bundesweit einheitlich geregelt werden. Nur so kann die nötige Transparenz geschaffen werden, die einen verantwortungsvollen Umgang ermöglicht.Ein weiterer Aspekt ist die Nutzung von Cannabis zur Behandlung von Krankheiten. Verschiedene Studien zeigen für Cannabis gute Wirkungen, z.B. gegen Übelkeit bei Chemotherapien oder zur Appetitanregung bei Aidskranken auf. Solche medizinische Ressourcen müssen genutzt werden. Dazu ist aber eine aufgeklärte und vorurteilsfreie Sicht auf Cannabis notwendig.Bündnis 90/Die Grünen und ich persönlich setzen uns dafür ein, dass es eben diesen verantwortungsvollen und vorurteilsfreien Blick für die Möglichkeiten und Gefahren von Cannabis in Deutschland geben kann und wir fordern daher geschlossen die Straffreiheit von CannabiskonsumentInnen. Nicht mehr und nicht weniger. Dem unbekannten Herren aus dem angeführten Blog- Beitrag möchte ich daher etwas Entspannung empfehlen.Mit freundlichen GrüßenCem Özdemir

Nun, ich freue mich über die Antwort und stelle fest, dass wir einigermaßen einer Meinung sind. Allerdings finde ich die Antwort auch etwas verwirrend. Eigentlich bin ich genauso schlau wie vorher. Einerseits schreibt Cem, dass er genau auf der Linie seiner Partei sei. Nun, die Beschlusslage ist jedenfalls klar pro Legalisierung:

Im Bundestagswahlprogramm der Grünen von 2005 steht:

“Bei weichen Drogen wie Cannabis wollen wir unter Berücksichtigung des Jugendschutzes eine legale Abgabeform – wie in den Niederlanden – ermöglichen.”

Im nach wie vor gültigen Grundsatzprogramm von 2002 steht:

“Wir setzen uns für eine Legalisierung von weichen Drogen wie Haschisch und Marihuana ein.”

Darauf läuft es auch hinaus, wenn Cem sagt, er wolle “Alkohol, Tabak und Cannabis in Zukunft gleich behandeln”. Jedenfalls ist mir nicht bekannt, dass die Grünen den Handel mit Alkohol und Tabak verbieten wollen. Diesen positiven Eindruck macht Cem dann am Ende wieder zunichte, indem er sagt:

wir fordern daher geschlossen die Straffreiheit von CannabiskonsumentInnen. Nicht mehr und nicht weniger.

Nun, die Legalisierung, die die Grünen fordern, ist eben doch mehr als die Straffreiheit der Konsumenten. Sie bedeutet, dass auch mit Cannabis gehandelt werden kann, dass es Qualitätskontrollen gibt und die Streckstoffe endlich aus dem Gras verschwinden, dass eine Altersgrenze eingeführt wird, dass Wirkstoffkonzentrationen auf den Packungen angegeben werden, dass man eine anständige Beratung beim Fachhändler bekommt. Alles das wollen die Grünen. Ich hoffe, Cem will das auch. Nicht jeder Grüne muss Experte der Drogenpolitik sein und die Begriffe Legalisierung und Entkriminalisierung auseinander halten können. Der gute Wille zählt. Wir werden sehen. Übrigens hat sich auch die Grüne Bundestagsfraktion Ende vergangenen Jahres mit Drogenpolitik befasst und ein Positionspapier verabschiedet. In der Langversion heißt es:

Wir schlagen vor, auf kurze Sicht zumindest den Besitz und den Anbau von Cannabis zum Eigenverbrauch zu entkriminalisieren. Die Abgabe sollte auf längere Sicht über lizenzierte Abgabestellen erfolgen, wodurch der Jugendschutz gewährleistet sowie die Verfügbarkeit von Cannabis besser reguliert würde. Zusätzlich können dort auch qualifizierte Maßnahmen der Beratung sowie der Qualitätskontrolle implementiert werden. Wir wollen aber nicht darüber hinwegsehen, dass Deutschland internationale Abkommen wie das „Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen“ unterzeichnet hat, die häufig einem schlichten Prohibitionsdogma („War on drugs“) folgen und deswegen die Umsetzung eines Lizenzierungsmodells insbesondere für Cannabis behindern können. Wir wollen daher zuerst den nationalen suchtpolitischen Handlungsspielraum nutzen, um zumindest die Entkriminalisierung zu erreichen.

Nun, DAS ist eine klare Ansage.

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